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Der Verband der Theaterautor:innen dient der Förderung des Theatertexts und seiner Autor:innen.

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Ziel und Bestreben des Verbandes ist es, die beruflichen Interessen der Theaterautorinnen und Theaterautoren zu vertreten, als auch ein neues Bewusstsein für die Bedeutung von Theatertexten in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit und innerhalb des Theaterbetriebs zu schaffen. Angesichts eines sich stets weiterentwickelnden Autor:innenbegriffs vertritt der Verband sämtliche klassischen und neueren Formen von Theatertexten. Er setzt sich für diese Vielfalt und insbesondere für die Sichtbarkeit der dramatischen Kunst ein. Der Verband hat seinen Sitz in Berlin.

 

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OFFENER BRIEF AN DEN ARD-VORSITZENDEN KAI GNIFFKE SOWIE AN ALLE INTENDANT:INNEN UND PROGRAMMDIREKTOR:INNEN DER ARD (Mai 2023)

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>>> (Alle unsere offenen Briefe finden Sie hier)<<<

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Sehr geehrter Herr Dr. Gniffke, sehr geehrte Intendant:innen, Programmdirektor:innen, Verantwortliche,

wir schreiben Ihnen aus Sorge um das öffentlich-rechtliche Hörspiel. Das Hörspiel hatten Sie, Herr Dr. Gniffke, mit Ihrer Übernahme des ARD-Vorsitzes an vorderster Stelle als ein Feld für die Neustrukturierung von Redaktionen und Programminhalten genannt. So sehr es uns freut, dass das Hörspiel hier an so prominenter Stelle genannt wird und ihm diese Aufmerksamkeit zuteil wird, so sehr irritiert und beunruhigt es uns, dass dieser Reformvorgang, der doch die Weichen für eine ganze künstlerische Gattung neu stellt, so völlig intransparent und unter Ausschluss derjenigen geschieht, die das Hörspiel schreiben, inszenieren und aufführen: der Künstler:innen und ihrer Verbände. Wir machen das Hörspiel, wir verfassen die Texte, wir komponieren, wir spielen und inszenieren die Stücke. Wir verfertigen den so dringend benötigten 'Content'. Wir liefern Ideen für neue Stoffe und Erzählweisen. Umso irritierender ist es, dass wir vom aktuellen Reformprozess ausgeschlossen sind. Auch die Akademien, Verbände und Verlage werden nicht mit einbezogen.

Hatte sich die ARD seit den krisenhaften Vorgängen infolge der Schlesinger-Affäre nicht Transparenz, öffentlichen Dialog und Stärkung der kontrollierenden Gremien auf die Fahnen geschrieben? Und jetzt soll ein Gremium aus wenigen ARD-Fachredakteur:innen über Wohl und Wehe einer künstlerischen Gattung entscheiden, die mit der Gründung des Rundfunks vor 100 Jahren entstanden und seitdem als dessen originäre Kunstform aufs engste mit diesem verbunden ist. Doch nichts dringt aus diesen Kommissionen nach außen.

Wir fragen uns, wie neue redaktionelle Strukturen und auch die zukünftigen Produktionsbedingungen für das öffentlich-rechtliche Hörspiel aussehen sollen. Welche kulturelle Agenda liegt diesen Entscheidungen zugrunde? Für die große Richtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist gerade ein Zukunftsrat gegründet worden. Wo aber ist der Dialog um die Zukunft des einzigen fiktionalen Genres der ARD mit den Macher:innen?

Bis Juni, heißt es, sollen die Ergebnisse als Beschlussvorlage bereits an die Rundfunkkommission der Länder ergehen. Wir möchten nicht warten, bis die Kommissionen ihre Arbeitsergebnisse abgeliefert haben. Wir – die Urheber:innen und Hörspielmacher:innen – fordern Mitsprache und Mitgestaltungsrechte in diesem Prozess und wollen nicht am Ende mit einem fertigen Ergebnis und vollendeten Tatsachen konfrontiert werden.

Das künstlerische Hörspiel ist ein Kulturgut von übergeordneter Bedeutung. Es ist mit dem Rundfunk entstanden und – im Gegensatz zum Film und Theater – bei diesem mehr oder weniger monopolisiert. Daher ist alles, was am Rundfunk mit dem Hörspiel geschieht, folgenreich für die ganze Gattung. Hörspiel ist das fiktionale Format des deutschen Hörfunks und das Pfund, das der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Gegengewicht zur kommerziellen Medienindustrie hat. Zurzeit feiert Hörspiel im Zuge der allgemeinen Verpodcastung eine Renaissance. Keine kommerzielle Plattform kann auf diesem Feld mit ARD und Deutschlandfunk konkurrieren und ihm dieses streitig machen. Es geht hier um ein Kulturerbe, um Archive umfangreichster Art und zugleich um ein lebendiges Produktionsnetzwerk für Autor:innen, Komponist:innen, Regisseur:innen und Schauspieler:innen.

Die ARD-Audiothek, zentrale Plattform für die Online-Veröffentlichung der ARD, wäre ohne die immensen Abrufzahlen und Zuhör-Zeiten, die Hörspielhörer:innen ihr bescheren, bei Weitem nicht so erfolgreich.

Wir nehmen die seit zwei Jahren laufende Initiative zur Popularisierung des Hörspiels, das Erschließen neuer Milieus, das heißt jüngerer und anderer Hörerschichten zur Kenntnis. Letzteres ist begrüßenswert. Nur besteht die Sorge, dass gerade jetzt eine Entwicklung greift, die das Kind mit dem Bade ausschüttet, und damit das Hörspiel allgemein Schaden nimmt. Die Maßnahmen zur Neustrukturierung sind in ihrem Kern, machen wir uns nichts vor, Sparmaßnahmen. Und hier versucht die ARD die Quadratur des Kreises: Aufwertung und Popularisierung des Hörspiels bei gleichzeitig radikaler Reduzierung von Etats und Produktionsvolumen. Die Gleichzeitigkeit von Einsparzielen und Popularisierung, die Zusammenlegung von Redaktionen bzw. die Schaffung von Zentralredaktionen geht zwangsläufig auf Kosten der für die Kunst notwendigen Lebendigkeit und Vielfalt des Hörspiels. Weiterhin führt die Ausgliederung der Hörspielentwicklung und -produktion in den privaten Sektor zu ungeschütztem Honorardumping für die beteiligten Autor:innen und der Aushöhlung ihrer sozialen Errungenschaften wie GVL, VG Wort und der Pensionskasse Rundfunk.

Vor zwei Jahren hat ein Offener Brief der Hörspiel-Autor:innen substantielle Missstände bei der Vergütung und im Distributionssystem der Redaktionen offengelegt. Mit dem Kollaps des bisherigen Systems aus Übernahmen und Wiederholungen ist ein wesentlicher Teil unseres Jahreseinkommens kollabiert. Seit zwei Jahren finden Verhandlungen mit den Bühnenverlagen unter Beteiligung der Autor:innen mit der Hans-Flesch-Gesellschaft und VTheA statt. Aber die angebotenen Lösungsvorschläge der ARD sind noch immer fern davon, den Verlust zu kompensieren bzw. eine der digitalen Welt angemessene Vergütungsform zu finden. Sie laufen der aktuellen Entwicklung hinterher und werden von ihren eigenen Reformschritten überrollt. Das ist kein guter Umgang mit Künstler:innen und Verhandlungspartner:innen.

Dieser Brief, sehr geehrter Herr Dr. Gniffke und sehr geehrte Verantwortliche, ist ein Appell. Wir fordern:

–  Schluss mit Intransparenz im Umstrukturierungsprozess in Bezug auf Hörspielproduktionen und Offenlegung der kulturellen Agenda der jetzt erfolgenden Schritte.

–  den öffentlichen Dialog über die Neustrukturierung unter Einbeziehung von Künstler:innen, Verbänden und Verlagen.

–  Pflege und Erhalt der Hörspielgattung in seiner Vielfalt der Strukturen und Inhalte. Auch das Anspruchsvolle und Sperrige muss erhalten bleiben, jenseits vom Klickzahlen-Primat. Wir fordern weiterhin Vertiefung und dreidimensionale Wahrnehmung und Beleuchtung der Welt.

– Erhalt des kulturellen Erbes, Pflege und Veröffentlichung der Archive.

– Verantwortung gegenüber der künstlerischen Gattung und Respekt gegenüber den Künstler:innen, die sie erschaffen.

–  Erhalt der Hörspiel-Fachredaktionen.

So sehr wir die Notwendigkeit sehen, dass die ARD im Kontext der Medienindustrie konkurrenzfähig bleibt, so ist darauf zu bestehen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein wesentliches Instrument der Demokratie bleibt. Der Rundfunk ist ein Kulturproduzent mit einer grundlegend demokratischen Funktion. Er hat die Aufgabe und Verantwortung, vertiefende Formen und Inhalte zu produzieren und die Demokratie, für die er steht, konkret zu praktizieren.

Es braucht jetzt sofort in diesem substanziellen Umstrukturierungsprozess der ARD den Dialog mit und die Beteiligung der Kunstschaffenden des Genres Hörspiel. Denn ohne sie ist eine reichhaltige, spannende und herausfordernde Zukunft des Mediums nicht möglich.

 

Verband der Theaterautor:innen (VTheA)

Hans-Flesch-Gesellschaft für akustische Kunst e.V.

Verband der Hörspielregie e.V. (VdHR)

Verband der Schauspieler:innen (BFFS)

Verband Deutscher Bühnen- und Medienverlage e.V. (VDB)

Akademie der Künste Berlin

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Vielen Dank!

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